Gast beim monatlichen Stammtisch der Feuchter CSU war der Ukraine-Kenner Feuchter Gerhard Danzl.
Gerhard Danzl war beruflich als Abteilungsführer und Leitender Polizeidirektor bei der Bayerischen Polizei tätig. 1993 flog er mit dem damaligen Innenstaatssekretär Günther Beckstein nach Rumänien und in der Folge auch erstmals in die Ukraine, die er danach zwanzig Mal dienstlich besuchte. Er hielt Vorlesungen und Seminare für jeweils hunderte Menschen aus Polizei und Politik und erhielt dabei – auch im Rahmen der Begleitprogramme – fundierte Einblick in die Gegebenheiten der Ukraine. „Wir wollen in 30 Jahren dort sein, wo Ihr jetzt seid“, formulierten seine Gastgeber, „aber dann seid Ihr ja schon wieder weiter.“ Dank Putins Überfall werden die Ukrainer allerdings nun wieder Jahrzehnte zurückgebombt, und Danzl ist in Sorge um die vielen Menschen, die er dort kennenlernen durfte. Er schwärmt von der Gastfreundschaft, die er in der Ukraine erlebte, zeigt Bilder vom Aufbau des Landes nach der Sowjetzeit und die Bedeutung der Ukraine als „Kornkammer“ Europas. Ein geographischer und geschichtlicher Überblick und viele berufliche und persönliche Erlebnisse schaffen ein eindrucksvolles Bild eines Landes, dem nach dem Verzicht auf Atomwaffen die volle Souveränität und territoriale Integrität auch von Russland zugesichert wurde.
„Die Öffnung nach Westen war unabdingbar für die Modernisierung des Landes“, so Gerhard Danzl, der im Ehren-Trikot von Schachtjor Donezk referierte, das er bei einem seinem Aufenthalte in Donezk, dem „Ruhrgebiet des Ostens“, erhalten hatte. Von den in der Ukraine erhaltenen zahlreichen Orden, dem Ehrendoktor und -professorentitel macht er kein Aufheben. In vielen Telefonaten mit seinen Kontakten vor Ort erhält er derzeit Einblicke in die Verwüstungen durch Putins Armee. „Viele Gebäude waren nach der Sowjetzeit marode oder ruinenhaft. Putin lässt die Ukraine wieder in diese Zeit zurückbomben.“ Dessen Argumente für den Einmarsch der russischen Truppen lässt Danzl nicht gelten: „Es gibt keine Nazis in der Ukraine. Die nationalistischen Gruppen haben politisch keinerlei Bedeutung.“ Und selbst wenn es Russland gelingen sollte, in Kiew eine Marionettenregierung einzurichten, rechnet Gerhard Danzl mit einem langen Partisanenkrieg.
In der Diskussion wurde beklagt, dass man Putin nicht schon bei der Annexion der Krim und der Installierung der Marionetten in Donezk und Luhansk vehement entgegentrat. Und es wurde befürchtet, dass Putin nach der Ukraine auch nicht vor anderen Ländern wie Moldau oder den baltischen Staaten Halt macht. Oliver Siegl dankte Gerhard Danzl für seine ausführlichen Informationen und brachte die Hoffnung aller auf ein baldiges Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen zum Ausdruck.
HB