Es ist gute Tradition der Feuchter CSU, ihren alljährlichen politischen Aschermittwoch nicht als Schlagabtausch mit ihren politischen Konkurrenten zu verstehen, sondern kontrovers diskutierte
Probleme in sachlicher Form zu vermitteln und zu erärtern. Nach der pessimistischen Eingangsbemerkung, dass sich die „Politik zur Zeit in einem traurigen Zustand“ befinde, stellte Dirk von Vopelius zunächst das Selbstverständnis der Industrie- und Handelskammer vor: “ Wir vertreten die Interessen unserer 145 000 Mitglieder engagiert und abgewogen im Interesse der Gesellschaft, v. a. aber der Mittelständler. Wir sind zwar keine Ethikpolizei, sehen uns aber als Solidar- und Wertegemeinschaft, z. B. auch für 20 000 Auszubildende, für die wir Verantwortung tragen.“ Solidar- und Wertegemeinschaft waren auch die tragenden Begriffe, die sich wie ein roter Faden durch den Abend zogen. Wirtschaften als ethische Aufgabe,“Wohlstand für alle“; die Zuhärer fühlten sich an den Ahnherren einer christlich-liberalen Wirtschaftspolitik, Ludwig Erhard, erinnert. „Disparität bei der Finanzierung der Sozialversicherung war eine Schnapsidee“, „obszän“ hohe Gehälter für Manager und ein Spitzensteuersatz schon für mittlere Einkommen sind für den Präsidenten ärgernisse, die für Normalverdiener die Eigentumsbildung verhindern. Auch müsse man endlich wieder überKapitalbildung in Arbeitnehmerhand nachdenken. “ Der Begriff Marktwirtschaft darf nicht durch Kapitalismus ersetzt werden“. Eine Mahnung, die auch eine christlich-soziale Partei als ordnungspolitische Aufforderung verstehen sollte.
Für den Mittelständler v. Vopelius sind 177 Seiten für einen Koalitionsvertrag Groko zu viel: “ Man kann die Probleme dieser Welt nicht mit 177 Seiten auskarteln. Während einer Legislaturperiode muss u. U. auf Situationen schnell reagiert werden, die nicht voraussehbar waren“. Scharf ins Gericht ging der Chef der IHK mit der sinnlosen Länge der Koalitionsverhandlungen: “ Die Menschen haben die Nase voll von Scharfmacherei,Draufhauen und Postenschacherei.“ Was die Menschen vielmehr umtreibe sei „die Sehnsucht nach frischen, neuen Gesichtern und vor allem Erneuerung.“ Der Hähenflug des Martin Schulz mit 100% und sein schneller Absturz seien wohl ein Indiz dafür. Dirk von Vopelius sieht im kritischen Auftreten junger Leute in der Union und der SPD die Chance, Politik wieder mehr an der Zukunft zu orientieren: “ Ein Beispiel. Rente mit 63? Eines Tages müssen die jungen Leute dafür bezahlen.“
Auch das Flüchtlingsproblem stand natürlich im Fokus des Abends. Der Präsident freute sich, dass trotz mancher Kontrollverluste und viel Unmut alle Flüchtlinge in Bayern im Vergleich zu
anderen Bundesländern geradezu vorbildlich untergebracht wurden. Auch die Wirtschaft habe inzwischen einen guten Beitrag geleistet: „In Bayern haben wir für 50 000 Azubis
Ausbildungsplätze geschaffen. Was uns aber bedrückt, ist die Abschiebung von Flüchtlingen aus dem Ausbildungsvertrag heraus.“ Das widerspreche den Bemühungen der Wirtschaft und sei auch keine Werbung für Deutschland. Und in der Diskussion wurde auch eindeutig betont, dassgerade das duale System in der Berufsausbildung vorbildlich im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit und so auch ein Ansporn für Länder sei, aus denen viele Menschen zu uns kämen.
Ortsvorsitzender Alexander Hommel bedankte sich bei Dirk von Vopelius für seine mutigen, zukunftsweisenden, aber auch unbequemen Ausführungen zu Beginn der Fastenzeit.